Erb­schafts­aus­schla­gung – fälsch­lich ange­nom­mene Über­schul­dung bzw. Irrtum zum Nach­lass­wert

Die Aus­schla­gung einer Erb­schaft ist ein recht­li­ches Mittel, mit dem ein Erbe die Annahme des Nach­lasses ver­wei­gern kann. Dies kann ins­be­son­dere dann sinn­voll sein, wenn der Nach­lass über­schuldet ist oder wenn der Erbe aus per­sön­li­chen oder finan­zi­ellen Gründen die Ver­ant­wor­tung für das Erbe nicht über­nehmen möchte. In der Praxis kommt es jedoch auch zu Anfech­tungen von Erb­aus­schla­gungen.

•    Anfech­tung einer Erb­schafts­aus­schla­gung bei fälsch­lich ange­nom­mener Über­schul­dung: Auch wenn ein Erbe nicht alle zumut­baren und mög­li­chen Erkennt­nis­quellen über die Zusam­men­set­zung eines Nach­lasses genutzt hat und sein Erbe wegen – fälsch­lich – ange­nom­mener Über­schul­dung aus­schlägt, kann er diese Aus­schla­gung später anfechten.

Ein Erbe ist grund­sätz­lich nicht ver­pflichtet, sich vor einer Aus­schla­gung über die Zusam­men­set­zung des Nach­lasses zu infor­mieren. Trifft er aller­dings seine Ent­schei­dung allein auf der Basis von Spe­ku­la­tionen, kann er bei einer Fehl­vor­stel­lung die Aus­schla­gung man­gels Irr­tums über Tat­sa­chen nicht anfechten.

In diesem vom Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt a.M. ent­schie­denen Fall hatte sich die Tochter über die kon­krete Zusam­men­set­zung des Nach­lasses und damit über ver­kehrs­we­sent­liche Eigen­schaften geirrt, ins­be­son­dere über das Vor­han­den­sein der Konto-Gut­haben. Dieser Irrtum war kausal für ihre Aus­schla­gung gewesen und die Tochter konnte die Aus­schla­gung wirksam anfechten.

•    Kein Irrtum bei einer Erb­aus­schla­gung: Ein recht­lich beacht­li­cher Irrtum über die Über­schul­dung des Nach­lasses liegt nur vor, wenn sich der Anfech­tende in einem Irrtum über die Zusam­men­set­zung des Nach­lasses befunden hat, dagegen nicht, wenn ledig­lich fal­sche Vor­stel­lungen von dem Wert der ein­zelnen Nach­lass­ge­gen­stände vor­ge­legen haben.

Dieser Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts Zwei­brü­cken lag fol­gender Sach­ver­halt zugrunde: Eine Erb­las­serin ver­starb ohne Tes­ta­ment. Sie hatte über meh­rere Jahre in einem Senio­ren­heim gelebt, wobei die Heim- und Pfle­ge­kosten von einer Kriegs­op­fer­für­sor­ge­stelle über­nommen wurden. Diese Leis­tungen wurden als Dar­lehen gewährt und durch eine Grund­schuld an einem Haus der Erb­las­serin abge­si­chert.

Die gesetz­li­chen Erben waren die Enkel und Urenkel der Erb­las­serin. Nach ihrem Tod schlug unter anderem eine zur Erbin beru­fene Enkelin das Erbe aus, da sie annahm, dass der Nach­lass über­schuldet sei. Zwei Urenkel der Erb­las­serin nahmen das Erbe hin­gegen an. Nach dem Ver­kauf des Hauses der Erb­las­serin an Dritte focht die Enkelin ihre Erb­aus­schla­gung wegen Irr­tums an. Sie begrün­dete dies damit, dass sie sich geirrt habe, weil der Ver­kaufs­erlös des Hauses die Ver­bind­lich­keiten aus dem grund­schuld­ge­si­cherten Dar­lehen für die Heim- und Pfle­ge­kosten über­stieg. Dieser Irrtum berech­tigte jedoch nicht zur Anfech­tung der Aus­schla­gung. Er beruhte ledig­lich auf einer unzu­tref­fenden Vor­stel­lung über den Wert des Nach­lasses, nicht aber auf einem Irrtum über dessen Zusam­men­set­zung.