Schät­zung nach amt­li­cher Richt­satz­samm­lung

Der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) hat am 18.6.2025 bereits zum zweiten Mal durch Urteil ein und das­selbe Ver­fahren zur erneuten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das erst­in­stanz­liche Finanz­ge­richt Ham­burg zurück­ver­wiesen, im ersten Fall durch Beschluss.

Der Kläger betreibt eine Dis­ko­thek mit meh­reren offenen Laden­kassen und im Wesent­li­chen mit Bar­ge­schäften. Zum Fei­er­abend wurden die offenen Laden­kassen zu einer Kasse zusam­men­ge­führt. Wei­tere Ein­zel­auf­zeich­nungen zu den jewei­ligen Kassen gab es nicht. Das Finanzamt nahm nach einer Außen­prü­fung eine Hin­zu­schät­zung auf Basis der Richt­satz­samm­lung mit 300 % vor und bediente sich dar­über hinaus zur Durch­füh­rung der Schät­zung der amts­in­ternen „Fach­in­for­ma­tion Betriebs­prü­fung für das Bun­des­land Nord­rhein-West­falen“, wel­ches es dem Kläger jedoch nicht zugäng­lich machte.  

Der Kläger setzte sich zunächst außer­ge­richt­lich und sodann gericht­lich in zwei Rechts­gängen gegen die Hin­zu­schät­zung zur Wehr.

Da es sich bei der Richt­satz­samm­lung um ein vom Bun­des­mi­nis­te­rium der Finanzen (BMF) stam­mendes Ver­wal­tungs­schreiben han­delt, wel­ches auf Wei­sung in sämt­li­chen Finanz­be­hörden zur Hin­zu­schät­zung genutzt wird, ist das BMF dem Rechts­streit auf Auf­for­de­rung des BFH bei­getreten, mit der Folge, dass eine gericht­liche Ent­schei­dung sich auch für oder gegen dieses richtet.

Der BFH hat ent­schieden, dass eine Dis­ko­thek keiner in der Richt­satz­samm­lung genannten Gefah­ren­klasse zuzu­ordnen ist. Auch sei der Anspruch auf recht­li­ches Gehör ver­letzt worden, nachdem dem Kläger die Fach­in­for­ma­tion nicht zugäng­lich gemacht wurde.

Grund­sätz­lich könne bei Män­geln in der Kassen- und Buch­füh­rung zwar hin­zu­ge­schätzt werden, dieses müsse aber genau begründet werden. Die genauere Schätz­me­thode ist der unge­naueren vor­zu­ziehen. Das Ergebnis müsse nach­voll­ziehbar begründet werden. Das sei hier jedoch nicht erfolgt.

Bedient sich die Finanz­ver­wal­tung zum Zwecke der Schät­zung Ver­gleichs­da­ten­banken, ver­wei­gert jedoch aus Daten­schutz­gründen, unter Beru­fung auf das Steu­er­ge­heimnis oder aus anderen Gründen deren Offen­le­gung oder bleibt diese nicht nach­voll­ziehbar, so geht dies zu Lasten der Finanz­ver­wal­tung. So war es im vor­lie­genden Fall. Es bestehen zumin­dest erheb­liche Zweifel, ob eine Richt­satz­samm­lung eine geeig­nete Schät­zungs­grund­lage dar­stellt.

Betrof­fene sollten bei derart kom­plexen Fragen immer eine recht­liche und steu­er­liche Bera­tung in Anspruch nehmen.