Gesell­schafts­recht – Treue­pflicht eines aus­ge­schie­denen Gesell­schaf­ters

Im Gesell­schafts­recht ist eine mit­glied­schaft­liche Treue­pflicht als eine Haupt­ver­pflich­tung eines Gesell­schaf­ters gegen­über der Gesell­schaft all­ge­mein aner­kannt. Diese Treue­pflicht knüpft dog­ma­tisch daran an, dass ein Gesell­schafter wäh­rend seiner Mit­glied­schaft in der Gesell­schaft auch ohne aus­drück­liche gesell­schafts­ver­trag­liche Rege­lung deren Belangen Vor­rang ein­zu­räumen hat.

Die Treue­pflicht dauert zwar grund­sätz­lich nur bis zum Aus­scheiden des Gesell­schaf­ters, jedoch kommen dar­über hinaus auch noch nach­wir­kende Treue‑, vor allem Unter­las­sungs- und Loya­li­täts­pflichten in Betracht. Ins­be­son­dere darf der Gesell­schafter nicht kon­krete Geschäfts­chancen der GmbH auf sich selbst oder auf Dritte, an denen er betei­ligt ist, umleiten.

Die Richter des Ober­lan­des­ge­richts Naum­burg ent­schieden in ihrem Urteil v. 24.3.2022: „Ein aus einer Zwei-Per­sonen-GmbH aus­ge­schie­dener Mit­ge­sell­schafter ver­stößt gegen seine nach­wir­kende mit­glied­schaft­liche Treue­pflicht, wenn er die Pro­jekt­lei­tung für eine Soft­ware­ent­wick­lung in agiler Arbeits­weise, welche er für eine Kundin der GmbH inne­hatte, in seinem neuen beruf­li­chen Wir­kungs­kreis ohne Zustim­mung der Gesell­schaft fort­setzt.“

Anmer­kung: Die Treue­pflicht im Bereich der kon­kreten Geschäfts­chancen ist von einem Wett­be­werbs­verbot abzu­grenzen. Es han­delt sich um zwei eigen­stän­dige Aus­prä­gungen der Treue­pflicht.