Kein Ver­lust der Tes­tier­fä­hig­keit bei Par­kin­son­er­kran­kung

In einem vom Kam­mer­ge­richt Berlin am 9.5.2023 ent­schie­denen Fall ver­fasste ein Ehe­paar 1998 ein gemein­schaft­li­ches Tes­ta­ment. Sie setzten sich gegen­seitig als Allein­erben und eine Nichte der Ehe­frau als Schluss­erbin ein. 2015 erkrankte der Mann an Par­kinson und 2019 ver­starb die Ehe­frau.

Auf der Rück­seite eines Aus­drucks des Spei­se­plans eines Cafés ver­fasste er 2020 ein eigen­hän­diges Tes­ta­ment zugunsten seines Nach­barn. Nachdem der Mann kurz danach ver­starb, bean­tragte der Nachbar die Ertei­lung eines Erb­scheins. Die Nichte erklärte die Anfech­tung des letzten Tes­ta­ments und stellte neben der Echt­heit des Tes­ta­ments auch die Geschäfts­fä­hig­keit des Erb­las­sers bei der Tes­ta­ments­er­stel­lung in Frage.

Das Gesetz schreibt zur Errich­tung eines eigen­hän­digen Tes­ta­ments nicht die Ver­wen­dung eines bestimmten Schrift­trä­gers vor. Für die Ermitt­lung des Tes­tier­wil­lens bei Ver­wen­dung eines sol­chen Schrift­trä­gers ist nicht die Wahl des Schreib­ma­te­rials maß­geb­lich, son­dern die Frage, ob sich das Papier zur Fixie­rung der Schrift­züge eignet und nicht etwa aus der Wahl des Schreib­ma­te­rials erkennbar wird, dass der Erb­lasser seine Ver­fü­gung ernst­lich gar nicht hat treffen wollen.

Daran bestand aber hier kein durch­grei­fender Zweifel, weil das Doku­ment mit „Mein Tes­ta­ment“ über­schrieben, mit dem vollen Namen und Geburts­datum des Erb­las­sers sowie des Begüns­tigten in einem für Tes­ta­mente übli­chen Wort­laut geschrieben, mit Ort und Datum ver­sehen und von dem Erb­lasser unter­schrieben war. Ferner geht mit einer Par­kinson-Erkran­kung nicht auto­ma­tisch eine Ein­schrän­kung der freien Wil­lens­be­stim­mung einher. Diese kann nur dann ange­nommen werden, wenn sie sich auf­grund der kon­kret fest­stell­baren Sym­pto­matik im Ver­halten des Erb­las­sers mani­fes­tiert hätte. Das war hier nicht der Fall, sodass das Tes­ta­ment von 2020 gültig war.