Kein Ver­lust des Erb­rechts durch Ein­ge­hung einer neuen Part­ner­schaft

Bei der Errich­tung eines Tes­ta­ments wird häufig das Ein­treten von Demenz und Pfle­ge­be­dürf­tig­keit nicht bedacht. So hatte in einem vom Ober­lan­des­ge­richt Olden­burg am 26.9.2022 ent­schie­denen Fall der Erb­lasser im Jahr 2005 tes­ta­men­ta­risch seinen Lebens­partner und seine Tochter als Erben ein­ge­setzt. 2016 kam der Erb­lasser wegen weit fort­ge­schrit­tener Demenz in ein Pfle­ge­heim und sein Lebens­partner hei­ra­tete 2020 einen neuen Partner. Ein halbes Jahr später ver­starb der Erb­lasser und der ehe­ma­lige Lebens­partner bean­tragte einen Erb­schein. Die Tochter des Erb­las­sers wider­sprach und focht das Tes­ta­ment an. Sie meinte, hätte der Erb­lasser gewusst, dass sein Lebens­partner sich noch zu seinen Leb­zeiten einem neuen Mann zuwendet und diesen hei­ratet, hätte er das Tes­ta­ment geän­dert und ihn nicht mehr zum Erben bestimmt.

Die Tochter hatte vor Gericht keinen Erfolg. Zwar war der Erb­lasser bei Abfas­sung des Tes­ta­ments von einer Fort­dauer der Lebens­ge­mein­schaft aus­ge­gangen. Nach der Recht­spre­chung ist ein sol­ches Tes­ta­ment auch grund­sätz­lich unwirksam, wenn die zugrun­de­lie­gende Lebens­ge­mein­schaft nicht mehr besteht. Eine Aus­nahme gilt aber, wenn anzu­nehmen ist, dass der Erb­lasser das Tes­ta­ment auch für diesen Fall so gewollt hätte (sog. „hypo­the­ti­scher Wille“). Eine solche Aus­nahme lag hier vor: Denn der o. g. Fall, in dem eine Demenz die Fort­füh­rung einer Lebens­ge­mein­schaft fak­tisch unmög­lich machte, ist anders zu beur­teilen als der Fall, in dem sich die Partner aus­ein­an­der­leben oder einer der beiden sich aus der Bezie­hung heraus in schuld­hafter Weise einem neuen Partner zuwendet. Vor­lie­gend konnte die Lebens­ge­mein­schaft aber ledig­lich infolge der Demenz nicht in der bis­he­rigen Weise fort­ge­führt werden.