Keine Eini­gung der Eltern über die Belange des Kindes nach der Tren­nung

In Gerichts­ver­fahren sind nach der Tren­nung der Eltern neben der Frage, wo ein Kind leben soll, viel­fach auch Mei­nungs­ver­schie­den­heiten über den Schul­be­such, gesund­heit­liche oder ver­mö­gens­recht­liche Belange zu klären.
Das Fami­li­en­ge­richt hat dann auf ent­spre­chenden Antrag der Eltern zu ent­scheiden, wer zukünftig das Sor­ge­recht oder Teile des Sor­ge­rechts, wie bei­spiels­weise die Gesund­heits­sorge oder das Recht zur Rege­lung schu­li­scher Ange­le­gen­heiten für das Kind ausübt. In diesen Ver­fahren geht es zumeist nicht darum, dass das Kind in einem der Haus­halte gefährdet wäre, son­dern viel­mehr darum, dass die Eltern sich nicht einigen können, und es des­halb einer Klar­stel­lung bedarf.

Die Ent­schei­dung des Gerichts hat sich an dem Wohl des Kindes zu ori­en­tieren. Nach dem Bür­ger­li­chen Gesetz­buch ist dem Sor­ge­rechts­an­trag eines Eltern­teils zu ent­spre­chen, wenn die Auf­he­bung der gemein­samen Sorge und die Über­tra­gung auf ihn dem Wohl des Kindes am besten ent­spre­chen. Zunächst hat das Gericht also fest­zu­stellen, dass die Eltern nicht mehr in der Lage sind, gemeinsam Ent­schei­dungen für das Kind zu treffen. Bei der Frage, auf wel­chen Eltern­teil das Sor­ge­recht dann zu über­tragen ist, sind die von der Recht­spre­chung ent­wi­ckelten Kri­te­rien, wie der Kon­ti­nui­täts­grund­satz, die Erzie­hungs­eig­nung im Sinne der För­de­rung des Kindes und schließ­lich die Bin­dungs­to­le­ranz der Eltern von Bedeu­tung.

Die Bin­dungs­to­le­ranz beinhaltet die Fähig­keit und Bereit­schaft eines poten­ziell allein sor­ge­be­rech­tigten Eltern­teils, dem Kind ein posi­tives Bild vom anderen Eltern­teil zu ver­mit­teln und dessen Kon­takte mit dem Kind zu för­dern. Das Fami­li­en­ge­richt hat die Kin­des­wohl­prü­fung unter Berück­sich­ti­gung dieser Kri­te­rien und der Lebens­um­stände ein­zel­fall­be­zogen vor­zu­nehmen. Dabei kann auch der Wille eines Kindes aus­schlag­ge­bend sein. Inso­weit ist jedoch beson­ders sorg­fältig zu prüfen, ob der geäu­ßerte Wille authen­tisch ist, und ob das Kind trotz eines Loya­li­täts­kon­flikts in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden.