Steu­er­liche Berück­sich­ti­gung von Gewinnen aus Rest­schuld­be­frei­ungen

Bei vielen Themen im Steu­er­recht werden durch die Ver­wal­tungen und Lite­ratur ver­schie­dene Mei­nungen ver­treten. Eines dieser Themen ist die steu­er­liche Berück­sich­ti­gung des Gewinns aus einer Rest­schuld­be­freiung eines Ein­zel­un­ter­neh­mens. Hierzu lagen bis­lang unter­schied­liche Auf­fas­sungen von Fach­li­te­ratur und dem Bun­des­mi­nis­te­rium der Finanzen (BMF) vor. Nun hat letz­teres aber seine Rechts­auf­fas­sung zu dem bis­he­rigen Ver­fah­rens­ab­lauf geän­dert.
Der Gewinn aus einer Rest­schuld­be­freiung sollte nach vor­he­riger Auf­fas­sung des BMF im Ver­an­la­gungs­zeit­raum der tat­säch­li­chen Befreiung berück­sich­tigt werden. Jetzt ver­tritt es aber die herr­schende Ansicht, dass die Berück­sich­ti­gung rück­wir­kend zum Zeit­punkt der Betriebs­ein­stel­lung erfolgen muss. Die erteilte Rest­schuld­be­freiung gilt dabei als rück­wir­kendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 AO, sodass die ent­spre­chenden Bescheide von Amts wegen zu ändern sind. Die Höhe des bisher fest­ge­setzten Gewinns wird um den Gewinn aus der Rest­schuld­be­freiung erhöht.

Obwohl jetzt durch die geän­derte Rechts­auf­fas­sung des BMF eine ein­heit­liche Beur­tei­lung gilt, gibt es für die Gewähr­leis­tung des Ver­trau­ens­schutzes der Steu­er­pflich­tigen zwei Aus­nah­me­fälle, welche die Finanz­ver­wal­tung wei­terhin akzep­tiert. Einer dieser beiden Aus­nahmen liegt vor, wenn ent­weder die Betriebs­ein­stel­lung nach Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens, aber vor Ver­öf­fent­li­chung des BMF-Schrei­bens vom 8.4.2022 erfolgte oder aber wenn die Betriebs­ein­stel­lung vor Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens und vor dem 8.8.2017 war. Für alle anderen offene Fällen gibt es keine wei­teren Aus­nah­me­re­ge­lungen und der Gewinn aus der Rest­schuld­be­freiung wird im Ver­an­la­gungs­zeit­raum der Betriebs­auf­gabe steu­er­lich berück­sich­tigt.