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Entwurf zum Wachstums-Chancengesetz

Am 17.7.2023 wurde der Referentenentwurf für das Wachstumschancengesetz veröffentlicht. Es soll die allgemeine wirtschaftliche Situation für deutsche Unternehmen verbessern, zu Investitionen anregen, das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfachen sowie Steuerschlupflöcher aufdecken und beseitigen. Die wichtigsten Punkte haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst: •    Einführung einer neuen Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.H. von 1.000 € (ab VZ 2024). •    Aufwendungen für Geschenke an Nichtarbeitnehmer sollen zukünftig i.H. bis 50 €/Person gewinnmindernd berücksichtigt werden können – (für Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.2023). •    Die Zinsabzugsbeschränkung soll an die Vorgaben der Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATAD) angepasst werden (ab VZ 2024). •    Anhebung des Werts für sofort vollständig abzugsfähige geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 €, sowie Anhebung der Betragsgrenze für den GWG-Sammelposten auf 5.000 €. Die Abschreibungsdauer soll von 5 auf 3 Jahre verringert werden (gilt für GWG, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden). •    Sonderabschreibungen bei Betrieben mit einer Gewinngrenze von 200.000 €/Jahr im Vorjahr der Investition. Zukünftig sollen nun 50 % (aktuell 20 %) der Investitionskosten abgeschrieben werden können – (gilt für Anschaffung …

Inflationsprämie für Arbeitnehmer mit mehreren Dienstleistungs­verhältnissen

Die im Oktober 2022 eingeführte Inflationsausgleichsprämie ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers und kann in einer Höhe von bis zu 3.000 € (Teilzahlungen sind möglich) steuer- und sozialabgabenfrei an Mitarbeiter bis zum 31.12.2024 ausgezahlt werden. Sie ist zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu zahlen und es darf sich dabei nicht um eine Entgeltumwandlung handeln. Für Arbeitnehmer mit mehreren Dienstverhältnissen ist ein wichtiger Aspekt, dass die Prämie für jedes Dienstverhältnis gesondert in Anspruch genommen werden kann. Das bedeutet, wenn ein Arbeitnehmer mehrere aufeinanderfolgende oder nebeneinander bestehende Dienstverhältnisse hat, kann er von jedem Arbeitgeber die steuerfreie Prämie in voller Höhe erhalten. Dies gilt auch, wenn die Dienstverhältnisse mit unterschiedlichen Arbeitgebern verbundener Unternehmen bestehen. Arbeitgeber müssen nicht prüfen, ob ihre Arbeitnehmer die Prämie bereits bei einem anderen Arbeitgeber erhalten haben. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen mit demselben Arbeitgeber wird die Steuerbefreiung jedoch nur einmalig gewährt. Das Bundesfinanzministerium stellt diese und andere Besonderheiten auch in einem ausführlichen FAQ klar: https://www.bundesfinanzministerium.de – Service – FAQ und Glossar.

1-%-Regelung bei Handwerkerfahrzeug

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 31.5.2023 entschieden, dass die 1-%-Regelung auch auf ein als LKW eingestuftes, zweisitziges „Handwerkerfahrzeug“ anzuwenden ist, wenn es für private Fahrten genutzt wird. Ein Hausmeisterservice hatte zwei Fahrzeuge in seinem Betriebsvermögen: einen Mercedes Benz Vito und einen Multicar M26 Profiline. Er hatte kein weiteres Fahrzeug in seinem Privatvermögen und erklärte keine Entnahme wegen einer möglichen Privatnutzung der Fahrzeuge. Aufgrund der Sachlage, dass der Steuerpflichtige kein privates Fahrzeug besaß, ging das Finanzamt davon aus, dass der Mercedes Benz Vito auch privat genutzt wurde und wandte die 1-%-Regelung an, obwohl das Fahrzeug als LKW eingestuft und nur mit zwei Sitzen ausgestattet war. Die darauffolgende Klage des Eigentümers wurde vom Finanzgericht abgewiesen, was auch durch den BFH bestätigt wurde.

Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit als Voraussetzung für steuerlichen Abzug

Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 11.5.2023 eine Entscheidung in Bezug auf die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten getroffen. Der Fall betraf einen Vater, der getrennt von der Mutter seiner Tochter lebte. Er versuchte, die Hälfte der Betreuungskosten für Kindergarten und Schulhort als Sonderausgaben von der Steuer abzusetzen. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, da die Tochter nicht zum Haushalt des Vaters gehörte. Das Gericht entschied, dass die von ihm getragenen Kosten nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können, da die Tochter nicht zu seinem Haushalt gehörte. Die Richter stellten fest, dass die geltende Regelung nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Sie argumentierten, dass die Regelung darauf abzielt, die finanzielle Belastung von Eltern zu mindern, die ihre Kinder in ihrem eigenen Haushalt betreuen und erziehen. Darüber hinaus wurde in der Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Vater bereits einen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf erhielt. Dieser Freibetrag war höher als die von ihm getragenen Betreuungskosten. Aufgrund dieser Umstände wurde die Revision des Vaters als unbegründet zurückgewiesen.

Österreichische Sozialversicherungsbeiträge nicht in Deutschland absetzbar

Beiträge zur österreichischen Sozialversicherung können in Deutschland nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden, um das zu versteuernde Einkommen zu senken. Ferner erfolgt keine Berücksichtigung im Rahmen des Progressionsvorbehalts. So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Beschluss vom 22.2.2023. Im konkreten Fall ging es um eine in Deutschland ansässige, unbeschränkt Steuerpflichtige, die im Jahr 2015 vom Finanzamt zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Neben ihren in Deutschland erwirtschafteten Einkünften hatte sie in Österreich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt. Die Steuerpflichtige beantragte, die österreichischen Sozialversicherungsbeiträge bei der Ermittlung des in Deutschland steuerpflichtigen Einkommens als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Das Gericht entschied, dass dies nicht möglich sei. Eine erneute Berücksichtigung in Deutschland würde zu einer doppelten steuerlichen Begünstigung führen und wäre damit unzulässig. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Österreich verhindert dies.

Kein besonderes Nutzungsrecht erforderlich für Steuerermäßigung bei Handwerkerleistungen

In einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20.4.2023 ging es um die Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen gemäß des Einkommensteuergesetzes. Im konkreten Fall bewohnte ein Sohn zeitweise eine Dachgeschosswohnung, die im Eigentum seiner Mutter stand. Während dieser Zeit ließ er das Dach des Hauses sanieren, und erhielt eine Rechnung auf seinen Namen. Anschließend machte er die Kosten dafür in seiner Einkommensteuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Kosten ab, woraufhin der Sohn klagte. Der BFH entschied zugunsten des Sohnes. Er stellte klar, dass für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen neben der tatsächlichen Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen erforderlich ist. Der Steuerpflichtige kann also auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen. Zudem kann die Steuermäßigung auch in Anspruch genommen werden, wenn sich der Steuerpflichtige gegenüber einem Dritten zur Tragung der Aufwendungen für die Handwerkerleistungen verpflichtet hat.

Basiszins / Verzugszins

Verzugszinssatz seit 1.1.2002: (§ 288 BGB) Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern: Basiszinssatz + 5-%-Punkte Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014): Basiszinssatz + 8-%-Punkte Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014): Basiszinssatz + 9-%-Punktezzgl. 40 € Pauschale Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen seit 01.07.2023 = 3,12 % 01.01.2023 – 30.06.2023 = 1,62 % 01.07.2016 – 31.12.2022 = – 0,88 % 01.01.2016 – 30.06.2016 = – 0,83 % 01.07.2015 – 31.12.2015 = – 0,83 % 01.01.2015 – 30.06.2015 = – 0,83 % 01.07.2014 – 31.12.2014 = – 0,73 % 01.01.2014 – 30.06.2014 = – 0,63 % 01.07.2013 – 31.12.2013 = – 0,38 % Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter:www.destatis.de – Themen – Konjunkturindikatoren – Verbraucherpreise – Preisindizes im Überblick Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!

Verbraucherpreisindex

Verbraucherpreisindex (2020 = 100) 2023 117,1  Juli 116,8  Juni 116,5  Mai 116,6  April 116,1  März 115,2  Februar 114,3  Januar 2022 113,2  Dezember 113,7  November 113,5  Oktober 112,7  September 110,7  August Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter: http://www.destatis.de – Konjunkturindikatoren – Verbraucherpreise

Einführung des Gesellschafterregisters für GbRs

Ab dem 1.1.2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Dieses Gesetz führt ein Gesellschaftsregister für GbRs ein. Dieses wird in seiner Publizitätswirkung dem Handelsregister ähneln und soll dem Rechtsverkehr eine bisher fehlende Sicherheit über die Zusammensetzung der Gesellschaften, ihren Sitz und die Namen der Gesellschafter bieten. Es gilt jedoch nur für solche GbRs, die aktiv am Rechtsverkehr teilnehmen, also sog. Außen-GbRs. Es betrifft nicht die reinen Innen-GbRs. Das MoPeG hat keine Auswirkungen auf GbRs, die zur gemeinsamen Berufsausübung gegründet wurden (z.B. Anwaltssozietäten), es sei denn, diese GbR führt Grundstücksgeschäfte durch oder beabsichtigt den Erwerb von registrierten Rechten. In solchen Fällen sind sie vom Gesetz erfasst und müssen im Gesellschaftsregister registriert werden. Es wird erwartet, dass es bei der Einführung des Registers zu einem massiven Ansturm von Eintragungsanträgen kommen wird, was zu erheblichen Verzögerungen bei der Eintragung führen kann. Anmerkung: Vor diesem Hintergrund sollten rechtsfähige GbRs in Betracht ziehen, bestimmte Rechtsgeschäfte, die mit einem Eintrag in ein öffentliches Register verbunden sind (z.B. Grundstücksgeschäfte) und keine Verzögerungen dulden, auf das laufende Jahr 2023 …

Geschäftsführerwechsel – Meldung durch den künftigen GmbH-Geschäftsführer

Die Richter des Oberlandesgerichts Brandenburg hatten die Frage zu klären, ob der künftige Geschäftsführer den Geschäftsführerwechsel zur Eintragung in das Handelsregister wirksam anmelden kann, wenn er bei der Abgabe seiner Erklärung noch nicht Geschäftsführer ist, die Erklärung aber zu einer Zeit bei dem Registergericht eingeht, zu der die Geschäftsführerbestellung inzwischen wirksam geworden ist. Maßgeblich ist das allgemeine Recht der Stellvertretung. Die Vertretungsmacht muss bei Abgabe der Erklärung gegeben sein. Eine Erklärung, die ohne Vertretungsmacht abgegeben wird, wirkt nicht für den Vertretenen und ist damit unwirksam.

Pauschalreisen und Covid-19-Pandemie

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 8.6.2023 in einem Fall zu entscheiden, bei dem im Kontext der Covid-19-Pandemie eine Rechtsverordnung erlassen worden war, um es den Reiseveranstaltern zu ermöglichen, im Fall des Rücktritts („Auflösung“) vom Pauschalreisevertrag wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände einen Gutschein mit einer Gültigkeit von 18 Monaten auszustellen, nach deren Ablauf im Fall der Nichteinlösung erst ein Anspruch auf Erstattung der für die Pauschalreise getätigten Zahlungen bestand. Der EuGH kam zu der Entscheidung, dass eine solche nationale Regelung, nach der die Reiseveranstalter vorübergehend von ihrer Verpflichtung befreit sind, im Fall des Rücktritts alle Zahlungen voll zu erstatten, nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Sie führten aus, dass unter „Erstattung“ eine Rückzahlung in Geld zu verstehen ist. Diese Verpflichtung kann nicht durch eine Leistung in einer anderen Form (z.B. Angebot eines Gutscheins) ersetzt werden. Dabei ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Reisende freiwillig eine Erstattung in Form eines Gutscheins akzeptiert.

Privatnutzung dienstlicher IT

Sofern der Arbeitgeber die private Nutzung eines dienstlichen Smartphones erlaubt, kann der Mitarbeiter daraus schließen, dass auch die gesamte dienstliche IT für private Zwecke genutzt werden darf. Daher darf eine verdachtsunabhängige Überprüfung des E-Mail-Accounts durch den Arbeitgeber i.d.R. nicht verdeckt erfolgen. Vielmehr muss dem Arbeitnehmer angekündigt werden, dass und aus welchem Grund eine Verarbeitung von E-Mails stattfinden soll. Es muss ihm die Gelegenheit gegeben werden, private Nachrichten in einem gesonderten Ordner zu speichern, auf den kein Zugriff erfolgt. Zu dieser Problematik hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg über den nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: Von einem Arbeitgeber wurden heimlich die E-Mails eines Beschäftigten ausgewertet und darauf basierend eine Kündigung ausgesprochen, da darin private Nachrichten gefunden wurden. Der Mitarbeiter argumentierte jedoch, dass er die „Mischnutzung“ anderer Kommunikationsmittel (wie Smartphone) für private Zwecke erlaubt bekommen hatte und daher annahm, dass dies auch für die gesamte IT galt. Die LAG-Richter entschieden zugunsten des Arbeitnehmers. Die Kündigung war unwirksam und der Arbeitgeber hatte wegen Datenschutzverstößen ein Schmerzensgeld von 3.000 € zu zahlen.

Entgeltfortzahlung während der Kündigungsfrist

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Arbeitnehmerin am 4.5.2022 mit Datum 5.5.2022 ein Kündigungsschreiben zum 15.6.2022 verfasste und darin u.a. um die Zusendung einer Kündigungsbestätigung und der Arbeitspapiere an ihre Wohnanschrift bat. Sie bedankte sich für die bisherige Zusammenarbeit und wünschte dem Unternehmen alles Gute. Ab dem 5.5.2022 erschien sie nicht mehr zur Arbeit und reichte durchgehend bis zum 15.6.2022 und damit genau für sechs Wochen AU-Bescheinigungen ein. Der Arbeitgeber zahlte keine Entgeltfortzahlung. Das LAG verwies zunächst auf den hohen Beweiswert von AU-Bescheinigungen. Der Arbeitgeber kann diesen Beweiswert nur dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und im Bestreitensfall beweist. Durch die Beweise müssen sich Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben mit der Folge, dass der ärztlichen Bescheinigung kein Beweiswert mehr zukommt. Eine Erschütterung kommt nicht nur dann in Betracht, wenn sich ein Arbeitnehmer in Zusammenhang mit seiner Kündigung einmal zeitlich passgenau bis zum Ablauf der Kündigungsfrist krankschreiben lässt. Er ist auch erschüttert, wenn die Krankschreibung aufgrund mehrerer AU-Bescheinigungen durchgehend bis zum Ende der Kündigungsfrist andauert, diese …

Sonn- und Feiertagszuschläge bei der Berechnung des Urlaubsentgelts

Nach dem Bundesurlaubsgesetz bemisst sich das für Urlaubszeiten zu gewährende Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Zugrundezulegen sind der Berechnung der Urlaubsvergütung die Arbeitsvergütungen, die der Arbeitnehmer im Referenzzeitraum jeweils als Gegenleistung für seine Tätigkeit in den maßgeblichen Abrechnungszeiträumen erhalten hat. Dazu gehören auch schwankende Verdienstbestandteile wie etwa Akkordlohn, Provisionen oder andere Formen des Leistungslohns unabhängig davon, ob sie regelmäßig anfallen oder nicht. Auch wenn Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen im dreizehnwöchigen Referenzzeitraum zutreffend beitragsfrei ausgezahlt worden sind, unterliegt der auf sie entfallende Anteil des Urlaubsentgelts der Beitragspflicht zur Sozialversicherung, entschieden die Richter des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen v. 8.5.2023.

Sozialversicherungspflicht eines mitarbeitenden GmbH-Gesellschafters

Ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, ist regelmäßig abhängig beschäftigt. Bei der Statusbeurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers kommt es nicht allein auf dessen Weisungsfreiheit im eigenen Tätigkeitsbereich an. Vielmehr muss dieser auch in der Lage sein, auf die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens insgesamt Einfluss zu nehmen und damit die GmbH wie ein Unternehmensinhaber zu lenken. Andernfalls ist er nicht im „eigenen“ Unternehmen tätig, sondern in funktionsgerecht dienender Weise in die GmbH als seine Arbeitgeberin eingegliedert. Dies gilt auch für mitarbeitende, nicht zum Geschäftsführer bestellte Gesellschafter. In dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall hatte ein Gesellschafter nur ein begrenztes Tätigkeitsfeld (Einkauf und Logistik) und konnte aufgrund seiner hälftigen Beteiligung am Stammkapital auch keinen maßgeblichen Einfluss auf die durch seinen Bruder ausgeübte Geschäftsführertätigkeit ausüben. Dass aufgrund familiärer Beziehungen faktisch eine gleichberechtigte Geschäftsführung des Unternehmens gelebt wurde, war für die Statusbeurteilung unerheblich.

Vorkaufsrecht des Mieters hinter dinglichem Vorkaufsrecht

Bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ist der Eigentümer i.d.R. gesetzlich verpflichtet, dem jeweiligen Mieter die Wohnung zum Kauf anzubieten. Dieses Vorrecht wird als „Vorkaufsrecht“ bezeichnet und kann auch vertraglich im Mietvertrag festgelegt werden. Alternativ dazu kann der Eigentümer auch anderen Personen ein Vorkaufsrecht gewähren, das dann im Grundbuch vermerkt wird (dingliches Vorkaufsrecht). Im April 2023 hatte nun der Bundesgerichtshof zu entscheiden, wie in Fällen zu verfahren ist, bei denen sowohl ein Vorkaufsrecht des Mieters als auch ein dingliches Vorkaufsrecht besteht. Ein dingliches Vorkaufsrecht hat nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs v. 27.4.2023 dann Vorrang vor dem Vorkaufsrecht des Mieters, wenn es von dem Eigentümer zugunsten eines Familienangehörigen bestellt wurde. Denn aus der gesetzgeberischen Wertungsentscheidung im Bürgerlichen Gesetzbuch folgt, dass das von dem Vermieter zugunsten eines Familienangehörigen bestellte dingliche Vorkaufsrecht gegenüber dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters vorrangig ist.

Ordnungsmittel bei Kontakt zum Kind außerhalb der geregelten Umgangszeiten

Eine Verhängung von Ordnungsmitteln wegen Kontaktaufnahmen außerhalb der festgelegten Umgangszeiten setzt voraus, dass sich die Untersagung einer solchen Kontaktaufnahme eindeutig aus dem Tenor der Umgangsregelung ergibt. Ein Tun oder Unterlassen kann nur dann sanktioniert werden, wenn die entsprechenden Pflichten der betroffenen Person zweifelsfrei aus dem Vollstreckungstitel hervorgehen. Soll also dem Umgangsberechtigten die Kontaktaufnahme bzw. Näherung außerhalb der geregelten Zeiten untersagt werden, so wäre diese Untersagung ausdrücklich in die entsprechende Umgangsregelung bzw. Umgangsvereinbarung aufzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn es sich einem Laien vermeintlich aufdrängen müsste, dass außerhalb der geregelten Umgangszeit kein Umgang stattfinden soll. In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG) entschiedenen Fall hatte das Familiengericht die Umgangszeiten des Vaters mit den Kindern geregelt, aber die Kontaktaufnahme außerhalb dieser Zeiten nicht ausdrücklich untersagt. Das Amtsgericht verhängte gegen den Vater ein von der Mutter beantragtes Ordnungsgeld wegen Verstoßes gegen die Umgangsregelung (Kontakt außerhalb der festgelegten Zeiten). Der Vater wehrte sich dagegen und hatte vor dem OLG Erfolg.

Prämienanpassung in der PKV

Das Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) berechtigt den Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage zur Neufestsetzung der Prämie. Das Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) legt dazu den gesetzlichen Schwellenwert von 10 % fest, bei dessen Überschreitung durch eine Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen der Versicherer alle Prämien des betreffenden Tarifs zu überprüfen und bei einer nicht nur vorübergehenden Abweichung anzupassen hat. Ferner berechtigt das VAG den Versicherer bereits unterhalb der Schwelle zur zwingenden Prämienanpassung eine Überprüfung und Neukalkulation der Prämien vorzunehmen, ohne ihn dazu zu verpflichten. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Prämienanpassungsklausel in der PKV, nach welcher der Versicherer die Beiträge bei einer Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als 5 % überprüfen und anpassen kann, aber nicht muss, den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligt. Die Richter führten aus, dass dieses Prämienanpassungsrecht des Versicherers vorrangig die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleisten soll. In diesem Sinne dient die Berechtigung zur Prämienanpassung nicht der Durchsetzung eigener Interessen des Versicherers, sondern …

Freiwillige Umsatzsteuer-Vorauszahlungen innerhalb des 10-Tages-Zeitraums

Erst im Februar 2022 fällte der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil über die Berücksichtigung von freiwilligen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen innerhalb des 10-Tages-Zeitraums bei Einnahmen-Überschuss-Rechnungen. Am 13.12. folgte dann das nächste Urteil zu der Thematik. Ein Steuerpflichtiger zahlte am 6.1. die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den vergangenen Dezember. Da ihm eine Dauerfristverlängerung gewährt wurde, verschiebt sich die Fälligkeit auf den 10.2. Die geleistete Zahlung setzte er gewinnmindernd in der Gewinnermittlung des Vorjahres an. Das Finanzamt erkannte die Zahlung erst als Betriebsausgabe für das Jahr der tatsächlichen Zahlung an. Diese Herangehensweise begründete es mit der durch die Dauerfristverlängerung verschobenen Fälligkeit der Zahlung. Der BFH stimmte dieser Vorgehensweise zu. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Vorjahres, die zwar innerhalb des maßgeblichen 10-Tages-Zeitraums geleistet wurde, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Entnahme von Alt-Photovoltaikanlagen

Vor dem 1.1.2023 wurden Photovoltaikanlagen, die sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke genutzt wurden, regelmäßig dem Unternehmensvermögen zugeordnet. Betreiber konnten die Vorsteuer aus dem Kauf der Anlage abziehen, mussten aber sowohl den verkauften Strom als auch den selbst genutzten Strom versteuern. Mit der Einführung des Nullsteuersatzes zum 1.1.2023 können Betreiber nun die Photovoltaikanlage steuerfrei aus dem Unternehmensvermögen entnehmen und müssen selbst genutzten Strom nicht mehr versteuern. Die Finanzverwaltung in NRW hat dazu unter Hinweis auf das Bundesministerium für Finanzen Stellung bezogen. Eine Entnahme der gesamten Photovoltaikanlage ist nur möglich, wenn voraussichtlich mehr als 90 % der Anlage für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Wird ein Teil des erzeugten Stroms zum Laden eines Privatfahrzeugs, dem Betrieb einer Wärmepumpe oder dem Laden einer Batterie (nicht inbegriffen tragbare Batterien und Powerbanks) verwendet, wird aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen, dass die Anlage mehr als 90 % für nichtunternehmerische Zwecke genutzt wird. Diese Regelung gilt selbst dann, wenn mehr als 10 % des Stroms nach Entnahme tatsächlich weiter veräußert wird. Sind die Bedingungen für die Entnahme erfüllt, kann diese dem …

Beginn der Gewerbesteuerpflicht bei gewerblichem Grundstückshandel

Am 1.9.2022 erließ der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei gewerblichen Grundstückshändlern. In dem Fall, den der BFH entschied, ging es um eine KG, deren Gesellschaftszweck der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien, Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ist. Für das erste Wirtschaftsjahr wurde die Gewerbesteuererklärung eingereicht, die einen Verlust aus Gewerbebetrieb auswies. Den damit verbundenen Antrag auf vortragsfähige Verlustfeststellung lehnte das Finanzamt allerdings ab. Bloße Vorbereitungshandlungen würden noch keine Gewerbesteuerpflicht begründen, da noch keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr stattfinden würde. Ohne Gewerbesteuerpflicht können keine vortragsfähigen Gewerbeverluste festgestellt werden. Über das Merkmal des Beginns der sachlichen Gewerbesteuerpflicht ist selbstständig im Verlustfeststellungsverfahren zu entscheiden, stellte der BFH zunächst grundsätzlich dar. Bei gewerblichen Grundstückshändlern beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht frühestens mit dem Abschluss eines (wirksamen) Kaufvertrags über eine erste Immobilie, denn erst hierdurch wird der Händler in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten. In Abgrenzung dazu gehört bei Unternehmen, deren Tätigkeit auf die Veräußerung von Waren gerichtet ist, bereits der gesamte Herstellungsprozess zum …

Besteuerung der Rückzahlung einer Kapitalforderung

Im Urteil vom 25.10.2022 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), ob und in welcher Höhe die Rückzahlung eines unter dem Nominalwert erworbenen Anspruchs auf Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Ein Ehepaar wurde gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann schloss mit einer GmbH, an der er nicht beteiligt war, einen Kaufvertrag. Es wurden drei Ansprüche auf Auszahlung von Körperschaftsteuerguthaben erworben in Höhe von 40 % der Nominalwerte der Forderungen. Der erste Anspruch wurde 2015 an den Steuerpflichtigen ausgezahlt. Das Finanzamt erfasste diesen Gewinn bei den Kapitaleinkünften 2015. Der Steuerpflichtige hielt die Auszahlung dagegen für nicht steuerbar. Der BFH führt dazu aus, dass der Anspruch auf Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens eine sonstige Kapitalforderung darstellt. In diesem Fall ist die Rückforderung einer unter dem Nominalwert erworbenen Kapitalforderung nach den gesetzlichen Vorgaben als sonstige Kapitalforderung zu besteuern und nicht in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen. Wenn der Rückzahlungsbetrag höher ist als die Anschaffungskosten, führt die Rückzahlung einer Kapitalforderung zu steuerpflichtigen Einnahmen. Die Anschaffungskosten für den Erwerb einer Forderung mit verschiedenen Fälligkeitszeitpunkten sind aufzuteilen und anteilig in dem Veranlagungszeitraum abziehbar, …